
Demonstration, 1988
Öl auf Leinwand, 200 x 240 cm
Jeder Mensch erlebt die Masse, und sich in ihr anders. Menschen in der Menge – bei Friedensdemos, Rockkonzerten, Kirchentagen – fühlen sich in Begeisterung, Wut, Trauer oder Panik verbunden. Revolten und Revolutionen zeigen die Macht der Masse. Ein und dieselbe Menge war es, die sowohl „Heil“ schrie, als auch nach dem totalen Krieg rief, in beiden Fällen ohne an die Folgen zu denken.
Demagogen nutzen psychologische Erkenntnisse, nach denen Individuen als Teil einer Masse ihre Persönlichkeit aufgeben, sich anstecken lassen von jeder Idee und wie hypnotisiert eine vorgegebene Richtung einschlagen. „Was ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn! Verstand ist stets bei wenigen nur gewesen“. (48)
War die Menge der Ostdeutschen im Oktober 1989 klüger, als sie im Chor rief: „Schließt euch an, wir sind das Volk“ – Selbstverständlichkeiten, nur nicht auf dem Boden des alten Systems. Die Masse was so klug, die Regierung, die allerdings schon längst am Ende war, abzusetzen. Später schieden sich zunehmend die Geister. Massenmenschen brauchen die Gruppenzugehörigkeit, nicht die Geselligkeit von Freunden, sondern eine Vereinigung, in die sie fliehen, um in ihr aufzugehen – “gerettet vor der angsterregenden Erfahrung des Alleinseins“ (49)(50)